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Besonderheiten im Verlauf zwischen Weißenseifen und Vogelsheck

Der Abschnitt von Weißenseifen zum Vogelsheck bietet einige Besonderheiten : eine nahezu vollkommen Geradlinigkeit bei recht unruhigem Bodenrelief. Auch ist die Trasse nicht durch neuzeitliche Straßen überprägt. Vielleicht ist sie durch die veränderten Siedlungsschwerpunkte - die abseitige Lage von Prüm - schon im Mittelalter wüst gefallen. Das könnte für weitere Untersuchungen von Interesse sein.

Drei außergewöhnliche Formationen fallen in diesem Abschnitt auf.

1. Am zweiten Zulauf des Fischbachs verspringt die Straße um fast 30 m nach Westen, um ein Hindernis zu umgehen. (Es könnte sich dabei um felsigen Untergrund handeln, da östlich der Straßenachse ein Steinbruch liegt). Die Trasse führt hier durch einen Einschnitt im Gelände, dessen Steigung mit 18 % die Grenze der Belastbarkeit erreicht, wie sie H. E. Beier nachgewiesen hat.

Im Kyllwald verläuft die Trasse zwei mal in Form von Kurven. Nach Ansicht von Straßenforschern kann es keine Kurve geben – ausnahmsweise eine Zusammensetzung aus Einzelsegmenten von geringer Länge.

Dem widerspricht allerdings schon eine Bestimmung des 450 v. C. kodifizierten Tafelgesetzes, in dem die Mindestwegebreiten festgelegt wurden : „Acht Fuß im geraden Verlauf und bei Biegungen das Doppelte’ (Heinz 2003, S. 12).

2. Außerdem laufen hier zwei Dämme parallel. Der westliche ist übersät mit Steinen, der östliche dagegen nicht. War nur der westliche Damm gepflastert, während der östliche eine andere Funktion hatte ?

Mehrfach ist auf diesem Straßenstück die Präsenz von Parallelwegen festzustellen. In der Literatur sind darüber nur Andeutungen ohne weiterführende Erklärungen oder Untersuchungen zu finden. Aber schon Hagen stellte 1923 an der Escher Hecke (östlich von Blankenheim / Tondorf an der Landesgrenze NRW / Rheinland - Pfalz fest, dass die Römerstraße „... von einem Abkürzungsweg im Wiesental begleitet’ wurde (Hagen 1923, S. 119).

Ein anderes Beispiel zeigt das Urkataster nordöstlich von Blankenheimerdorf : zwei parallel laufende Wege (in der Karte violett hervorgehoben) tragen die gleiche Bezeichnung „von Prüm nach Köln’. Hier besteht Forschungsbedarf.

3. Diese Besonderheit betrifft einen Ort bei Schank nördlich von Wickenseifen. Da die Talflanke des dortigen Baches nach Süden zu steil ist, wurde wie bei der ersten Situation am Fischbach das Gelände flacher gelegt, sodass die marschierende Truppe unter der Belastung von 37 - 45 kg / Soldat an dieser Stelle nicht ins Stocken geriet. Das setzte eine Begrenzung der Steigung auf 18-20 % voraus. Nur damit wurde der Forderung des Militärs nach einem „iter iustum’, der gerechten Tagesmarschleistung, entsprochen.

Besonderheiten

1. Parallelwege, die vor dem Ziel (Lager, Siedlung) ""raumsichernd"", „raumbeherrschend“ angeordnet sind, können vor Bonn und vor Trier nachgewiesen werden. Strategische und sicherheitstechnische Gründe erklären ihre Einrichtung.

2. Umleitungswege, die den Steilstrecken ausweichen können, wurden schon von Richard Bagshawe 1979 vermutet. Ein Beispiel dafür ist in der Nordeifel zwischen dem Michelsberg und Scheuren zu finden.

3. Verhalten im Grundriss : Wenn ein Hindernis umgangen werden muss, gibt es zwei Möglichkeiten :

  • Das verdeckte Abknicken. Wenn die Straßenachse nur um 1° - 3° knickt, so ist das noch als Toleranzbereich zu vermitteln. Bei größeren Abständen bedeutet das z.B. : 1 M - 1° ? 25m oder 1 M - 3° ? 75m. Nach Umgehung des Problems gibt es eine kaum wahrnehmbare Rückführung in die Vermessungslinie.
  • Das offene Abknicken. Bei unvorhersehbaren Hindernissen wendet man den Versprung (Versatz) an. In diesen Fällen ist die Situation erkennbar. Beispiele : Steinbruch am Fischbach, Halbkreis im Kyllwald, Korrektur nördlich Viertelkreis Weissenseifen.

4. Verhalten bei der Ansicht : Die Neigung ist so konzipiert, dass sie möglichst gleichmäßig und konstant über längere Abschnitte erhalten bleibt. Dämme und Einschnitte helfen bei der Umsetzung. Da bei Serpentinen das Steigmaß frei gewählt werden kann, fällt auf, dass man Neigungen über 12% nur dann benutzt, wenn die Topographie keine Alternative bietet.

5. Paralleldämme : Ab 3% Neigung erscheint neben dem Straßendamm ein zweiter, Beispiele : Hausbach, Dreeskopf, Neuenweiher, Kyllwald, Weissenseifen Nord (Fischbachzuläufe) und vor Wickenseifen. Der zweite Damm läuft parallel neben dem ersten, der Achsabstand der Dämme beträgt ca. 14m - 25m.
Wenn bei ebenem Gelände ein Talrand erreicht wird, beginnt dort parallel der zweite Damm.
Vermutlich handelt es sich hierbei um eine wichtige Neuerung, die ""Zweiteilung des cursus publicus unter Septimius Severus 193 - 211"" (Bender 1978, S. 9). Mit der Trennung in Eil- und Lastenverkehr wurde das Problem der Behinderung reduziert.